(sh) Auf Einladung von Bürgermeisterin Angelika Munck trafen sich am vergangenen Dienstagabend die Mitglieder des Magistrates mit den Vorsitzenden der in der in der Hochheimer Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen. Wie die Rathausverwaltung in ihrer aktuellen Pressemitteilung erklärt, hatte sich die als runder Tisch titulierte Veranstaltung das aktuelle Thema Geruchsbelästigung in der Südstadt vorgenommen.
Es ging insbesondere darum, den Teilnehmerkreis über den aktuellen Stand der Verfahren, aber auch über mögliche Lösungsansätze auf einen einheitlichen Wissensstand zu bringen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Wir haben uns sehr intensiv mit der Geruchsproblematik in der Südstadt befasst und dabei nichts ausgelassen. Experten aus der Verwaltung und von einem Ingenieurbüro, das über große Erfahrungen gerade auf diesem Gebiet verfügt, standen Rede und Antwort. Die Runde ist sehr konstruktiv an das Problem herangegangen, äußerte sich die Bürgermeisterin.
Fest stehe, dass sich das Ganze noch in einem laufenden juristischen Streitverfahren befinde. Die vom Gericht beauftragten Gutachter hatten in einer öffentlichen Verhandlung des Gerichts erste Ergebnisse über die durchgeführten Geruchsmessungen vorgelegt. Die Messungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der Messkampagnen-Umfang umfasste 52 Begehungen, mit 13 Begehungen pro Messpunkt. Das Gebiet wurde in 15 Messpunkte (Immissionsflächen) eingeteilt. An zwölf von 15 ausgewählten Immissionsflächen wurde der Grenzwert für immissionsseitige Belastungen in Wohngebieten, der bei 10 Prozent der Jahres- stunden liegt, überschritten. Der im Bebauungsplan Im langen Sand festgelegte Grenzwert von 6 Prozent der Jahresstunden wurde in 14 von 15 Messstellen überschritten. Wenn man die Korrekturfaktoren (etwa witterungsbedingte Abweichungen) anwendet, liegen 14 von 15 Immissionsflächen über 10 Prozent der Jahresstunden. Der Grenzwert aus dem Bebauungsplan, also 6 Prozent der Jahresstunden, wird dann sogar in allen Messflächen überschritten.
Die Geruchsimmissionen sind nicht ausschließlich durch die Kläranlage, sondern erheblich durch Emissionen aus dem Kanalnetz bestimmt. Das Gutachten selbst ist noch nicht fertig gestellt. Die vom Gericht und den Beteiligten dazu gestellten Fragen sind noch nicht beantwortet. Deshalb ist noch nicht klar, wer für die Geruchsemissionen letztendlich verantwortlich ist, wer also auch zur Kostentragung heranzuziehen ist. Die Stadt erwartet die Vorlage des Gutachtens Ende Februar 2004.
Die Gerüche, die nach den Geruchsproben über den seinerzeit prognostizierten Werten liegen, entstehen also in der Kläranlage, aber auch in einem noch nicht bekannten Ausmaß im Kanalsystem, berichtet die Bürgermeisterin. Mögliche Maßnahmen allein an der Kläranlage können, so die Experten, bis zu 1,3 Mio Euro kosten. Aber das werde nicht alles sein, weil der Anteil der Kanalsysteme noch nicht bekannt ist. Und auch die laufenden Betriebskosten für eine umgebaute Kläranlage sind noch zu ermitteln.
Einvernehmlich haben die Gesprächsteilnehmer festgehalten, dass Entscheidungen
zur Beseitigung der Geruchsbelästigungen sehr wohl notwendig sind. Sie
sind aber erst möglich, wenn das Gutachten abschließend behandelt
wurde und die Verantwortlichkeiten klar sind.
Die Gesprächsatmosphäre war sehr konstruktiv und positiv. Ich
habe die Hoffnung, dass wir gemeinsam Wege finden, wie wir den Menschen in der
Südstadt helfen können, meinte Bürgermeisterin Angelika
Munck abschließend.
Ein Erdwall soll die Häuser des Neubaugebietes "Im langen Sand"
in der Hochheimer Südstadt von den Gerüchen der Kläranlage (vorn)
abschirmen.
Doch an vielen Tagen im Jahr "stinkt es" nicht nur den unmittelbaren
Anliegern.
Archiv/Dziemballa
Vom 15.01.2004
HOCHHEIM (ah) Nicht nur aus der Kläranlage, sondern auch aus dem Kanalsystem
in der Südstadt stinkt es. Und das in mehr als zehn Prozent aller Stunden
im Jahr. Diese Zahlen sind dem Gutachten im Rahmen des gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens
entnommen.
Bürgermeisterin Angelika Munck hatte die Mitglieder des Magistrates und die Vorsitzenden der Stadtverordneten-Fraktionen eingeladen, und präsentierte nun am "runden Tisch" die vorliegenden Ergebnisse der Untersuchungen zur "Geruchsbelästigung in der Südstadt". Dabei kamen interessante Zahlen auf den Tisch. So wurde an zwölf von 15 Messstellen der gesetzlich festgelegte Grenzwert überschritten. Dieser besagt, dass Geruchsbelastungen maximal in zehn Prozent aller Jahresstunden auftreten dürfen. Für den Bebauungsplan "Im langen Sand" hatte die Stadt sogar einen Grenzwert von sechs Prozent festgelegt. Dieser Wert wurde an 14 von 15 Stellen überschritten.
"Wir haben uns sehr intensiv mit der Problematik befasst, dabei nichts ausgelassen. Experten aus der Verwaltung und von einem Ingenieurbüro, das über große Erfahrungen gerade auf diesem Gebiet verfügt, standen Rede und Antwort. Die Runde ist sehr konstruktiv an das Problem herangegangen", fasst Bürgermeisterin Angelika Munck (FWG) ihren Eindruck zusammen. Das Ganze befinde sich noch in einem laufenden Streitverfahren. Die vom Gericht beauftragten Gutachter hatten aber in einer öffentlichen Verhandlung des Gerichts erste Ergebnisse der Geruchsmessungen vorgelegt. Im einzelnen kam dabei folgendes heraus: Das Gebiet wurde in 15 Messpunkte (Immissionsflächen) eingeteilt. An zwölf von 15 ausgewählten Immissionsflächen wurde der Grenzwert für "immissionsseitige Belastungen in Wohngebieten", der bei zehn Prozent der Jahresstunden liegt, überschritten. Der im Bebauungsplan "Im langen Sand" festgelegte Grenzwert von sechs Prozent der Jahresstunden wurde an 14 von 15 Messstellen überschritten. Wenn man die Korrekturfaktoren (witterungsbedingte Abweichungen und ähnliches) anwendet, haben 14 von 15 Immissionsflächen eine Belastung von über zehn Prozent der Jahresstunden. Der Grenzwert aus dem Bebauungsplan wird dann sogar in allen Messflächen überschritten.
Festgestellt wurde auch, dass "die Geruchsimmissionen nicht ausschließlich durch die Kläranlage, sondern erheblich durch Emissionen aus dem Kanalnetz bestimmt" sind.
Das Gutachten selbst ist noch nicht fertig gestellt. Deshalb sei noch nicht klar, wer für den Gestank letztendlich verantwortlich ist und deshalb auch nicht, wer die Kosten für eine Beseitigung übernehmen muss, so die Bürgermeisterin. Die Stadt erwartet die Vorlage des Gutachtens Ende Februar 2004. "Die Gerüche entstehen also in der Kläranlage, aber auch - in einem noch nicht bekannten Ausmaß - im Kanalsystem," hebt die Bürgermeisterin hervor. "Mögliche Maßnahmen allein an der Kläranlage können, so die Experten, bis zu 1,3 Millionen Euro kosten", sagt Munck. Und mit dieser Summe werde es noch nicht getan sein, weil der Anteil der Kanalsysteme an dem Problem noch nicht bekannt sei. Und auch die laufenden Betriebskosten für eine dann möglicherweise umgebaute Kläranlage (zum Beispiel durch Einhausung) seien noch zu ermitteln.
Einvernehmlich hätten die Gesprächsteilnehmer festgehalten, dass Entscheidungen zur Beseitigung der Geruchsbelästigungen sehr wohl notwendig sind, berichtete Munck im Anschluss an das Treffen. Diese seien aber erst möglich, wenn das Gutachten abschließend behandelt wurde.
Vom 15.01.2004
HOCHHEIM "Die Runde ist sehr konstruktiv an das Problem herangegangen."
Die "Runde", das waren Mitglieder des Magistrates und die Vorsitzenden
der Fraktionen, die sich auf Einladung von Bürgermeisterin Angelika Munck
mit einem "anrüchigen" Thema befassten, dem zeitweiligen Gestank
in der Südstadt.
Von
Gerhard Oeser
Gegenwärtig befindet sich die Angelegenheit noch in einem laufenden Streitverfahren.
Die von Justitia beauftragten Gutachter hatten in einer öffentlichen Verhandlung
des Gerichts erste Ergebnisse über die durchgeführten Geruchsmessungen
vorgelegt, nachdem 52 Begehungen stattgefunden hatten. Das Gebiet wurde in 15
Messpunkte eingeteilt und bei zwölf davon lag der Grenzwert für Wohngebiete,
der bei zehn Prozent der Jahresstunden festgesetzt ist, darüber. Der im
Bebauungsplan "Im langen Sand" fixierte niedrigere Grenzwert von sechs
Prozent der Jahresstunden überstieg die Werte sogar in 14 von 15 Messstellen.
Wenn man die witterungsbedingten Abweichungen berücksichtigt und die "Schwelle"
aus dem Bebauungsplan annimmt, klettert der Wert sogar in allen Messflächen
über die zulässige Höchstmarke.
Die Spezialisten kamen freilich zu dem Schluss, dass die Geruchsbelästigungen nicht ausschließlich auf die Kläranlage zurückzuführen sind, sondern in großem Umfang aus dem Kanalnetz stammen. Weil die endgültige Fassung des Gutachtens noch aussteht, bleiben die vom Gericht und den Beteiligten gestellten Fragen vorerst unbeantwortet. Deshalb kann niemand sagen, wer für die Geruchsemissionen letztendlich verantwortlich ist - und wer bezahlen muss. Die Stadt erwartet die Vorlage des Gutachtens in sechs Wochen.
"Die Gerüche, die nach den Geruchsproben über den damals vorausgesagten Werten liegen, entstehen also in der Kläranlage, aber auch - in einem noch nicht bekannten Ausmaß - im Kanalsystem", berichtete gestern die Bürgermeisterin. "Mögliche Maßnahmen allein an der Kläranlage können", so die Experten, "bis zu 1,3 Millionen Euro kosten." Das ist mehr als das Doppelte, was seither für die so genannte Einhausung der Klärbecken "gehandelt" wurde.
Bürgermeisterin Munck unmissverständlich: "Aber das wird nicht alles sein, weil der Anteil der Kanalsysteme nicht bekannt ist. Auch die laufenden Betriebskosten für eine umgebaute Kläranlage sind noch zu ermitteln."
Einvernehmlich haben die Gesprächsteilnehmer festgehalten, dass die Geruchsbelästigungen beseitigt werden müsse. Entsprechende Entscheidungen seien freilich erst möglich, wenn das Gutachten abschließend behandelt wurde - und die Verantwortlichkeiten klar sind.
Angelika Munck: "Die Gesprächsatmosphäre war sehr konstruktiv und positiv. Ich habe die Hoffnung, dass wir gemeinsam Wege finden, wie wir den Menschen in der Südstadt helfen können."
Hochheim. Auf Einladung von Bürgermeisterin Angelika Munck (FWG) trafen sich am Dienstagabend die Mitglieder des Magistrates mit den Vorsitzenden der in der Hochheimer Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen.
Die Kommunalpolitiker diskutierten nur über ein Thema, nämlich über die Geruchsbelästigung in der Südstadt. In einer Pressemitteilung teilt die Bürgermeisterin dazu mit: "Es ging insbesondere darum, den Teilnehmerkreis über den aktuellen Stand der Verfahren, aber auch über mögliche Lösungsansätze auf einen einheitlichen Wissensstand zu bringen und das weitere Vorgehen abzustimmen." Angelika Munck weiter: "Wir haben uns sehr intensiv mit der Problematik befasst, dabei nichts ausgelassen. Experten aus der Verwaltung und von einem Ingenieurbüro, das über große Erfahrungen gerade auf diesem Gebiet verfügt, standen Rede und Antwort. Die Runde ist sehr konstruktiv an das Problem herangegangen. Fest steht, dass sich das Ganze noch in einem laufenden Streitverfahren befindet." Die vom Gericht beauftragten Gutachter hatten in einer öffentlichen Verhandlung erste Ergebnisse über die durchgeführten Geruchsmessungen vorgelegt.
Folgende Fakten wurden dazu von der Stadtverwaltung vorgelegt: Insgesamt gab es 52 Begehungen, dies sind 13 Begehungen pro Messpunkt. Das Gebiet wurde in 15 Messpunkte (Immissionsflächen) eingeteilt. An 12 von 15 ausgewählten Immissionsflächen wurde der Grenzwert für Belastungen in Wohngebieten, der bei zehn Prozent der so genannten Jahresstunden liegt, überschritten. Der im Bebauungsplan "Im langen Sand" festgelegte Grenzwert von sechs Prozent der Jahresstunden wurde in 14 von 15 Messstellen überschritten. Wenn man die Korrekturfaktoren, wie beispielsweise witterungsbedingte Abweichungen, anwendet, liegen insgesamt 14 von 15 Immissionsflächen über 10 Prozent der Jahresstunden. Der Grenzwert des Bebauungsplanes wird auf allen Messflächen überschritten. Was bei der Gesprächsrunde den Kommunalpolitikern von den Fachleuten erklärt wurde, ist nichts Neues: Die Geruchsimmissionen sind nicht ausschließlich durch die Kläranlage, sondern sehr stark auch durch Emissionen aus dem Kanalnetz bestimmt.
"Das vom Gericht in Auftrag gegebene Gutachten ist noch nicht fertig gestellt. Die vom Gericht und den Beteiligten dazu gestellten Fragen sind noch nicht beantwortet. Deshalb ist noch nicht klar, wer für die Geruchsemissionen letztendlich verantwortlich ist", erläutert die Rathauschefin. Damit ist auch noch nicht klar, wer die Kosten für die Beseitigung dieser Mängel tragen muss.
Die Stadt erwartet die Vorlage des Gutachtens Ende Februar. "Die Gerüche, die nach den Geruchsproben über den seinerzeit prognostizierten Werten liegen, entstehen also in der Kläranlage, aber auch - in einem noch nicht bekannten Ausmaß - im Kanalsystem", berichtet die Bürgermeisterin. "Mögliche Maßnahmen, alleine an der Kläranlage, können nach Aussagen von Experten bis zu 1,3 Millionen Euro " kosten." Aber das wird nicht alles sein, weil der Anteil der Kanalsysteme noch nicht bekannt ist. Und auch die Betriebskosten für eine umgebaute Kläranlage sind noch zu ermitteln. (meh)
VON ANNETTE FRIAUF
Hochheim · 14. Januar · Das vom Landgericht Wiesbaden für
ein Beweissicherungsverfahren in Auftrag gegebene Gutachten beweist eindeutig,
dass die Limits "weit überschritten" sind. Diese Nachricht zur
Geruchsbelästigung durch die Kläranlage hatte Bürgermeisterin
Angelika Munck (FWG), ohne Zahlen zu nennen, bereits Ende November kundgetan.
"An der Tatsache, dass es in der Südstadt mehr stinkt, als die Gutachten
damals bei den Planungsberatungen auswiesen, wird nun nicht mehr gezweifelt".
Dass fauler Geruch die Lebensqualität der Anwohner beeinträchtigt,
wie sie selbst seit langem sagen, sieht Munck somit von den Gutachtern der TU
Darmstadt bestätigt.
Über erste Ergebnisse der Geruchsmessungen, die dem Gericht im Februar
komplett vorliegen sollen, beriet nun erstmals der mit Magistratsmitgliedern
und Fraktionschefs besetzte "runde Tisch" am vergangenen Dienstag.
Munck sprach von einem "sehr konstruktiven" Gespräch. Unklar
sei indessen nach wie vor, ob die Stadt für die Geruchsemissionen letztendlich
verantwortlich ist und damit die Kosten tragen muss.
Dies muss ein von der Bauträgergesellschaft Wilma im Oktober 2001 angestrengtes
und der Kommune unterstütztes Beweissicherungsverfahren klären. Stehen
Stadt oder die Wilma, die seinerzeit auch Erschließungsträgerin war,
in der Verantwortung? Erst wenn diese Frage geklärt sei, könne weiteres
entschieden werden, sagte die Bürgermeisterin. Munck bemüht sich um
Hilfe für die Südstädter, seit sie ihnen im Bürgermeisterwahlkampf
vor zwei Jahren das Versprechen dazu gegeben hat.
Laut Gutachten entstehen die Gerüche nicht ausschließlich in der Kläranlage, sondern "erheblich" auch durch Emissionen aus dem Kanalnetz. Sprich: Es stinkt auch aus Gullideckeln. Der Anteil ist laut Bürgermeisterin Munck aber noch nicht bekannt. Allein 1,3 Millionen Euro sind nach Aussage der Experten nötig, um die Kläranlage umzubauen.
Für das Gutachten haben Fachleute der TU Darmstadt das Neubaugebiet in 15 Messpunkte eingeteilt; an jedem Punkt wurde 13mal gemessen. Dabei wurde an 12 dieser 15 so genannten Immissionsflächen der für Wohngebiete bundesweit zulässige Grenzwert überschritten. Dieser Wert liegt bei zehn Prozent der Jahresstunden, das heißt, es darf 36,5 Tage im Jahr Geruch auftreten. Der für den Bebauungsplan "Im langen Sand" von der Stadt festgelegte, niedrigere Grenzwert von sechs Prozent, das sind 22 Tage im Jahr, wurde laut Untersuchung bei 14 von 15 Messstellen überschritten. Witterungsbedingte Abweichungen einkalkuliert, liege das Ausmaß dann sogar in allen Messflächen über dem Limit.
Der Verein "Lebensqualität in der Südstadt" wertet die Zwischenergebnisse nach Aussage von Vorstandsmitglied Hans-Peter Maier als Fortschritt im langwierigen Streit. "Bislang hat keiner gesagt, woher der Gestank kommt, sondern nur, dass es so ist." Heranzuziehen sei der Verursacher, sowohl für den Betrieb des Kanalnetzes als auch der Kläranlage. Insofern sei das Ergebnis des Beweisgutachtens "notwendig und sinnvoll", sagte Maier. Die Resultate bestätigten indirekt auch, dass jenes für Hochheim einzigartige "Unikum Geruchsschutzwall" eben kein ausreichendes Schild gegen die Belästigung darstellt. Gestank trotz Wall ? Das Gutachten setzt nach Angaben Maiers in der Bevölkerung ein Umdenken in Gang. Es sei zu hoffen, dass die Sache nicht weiter auf dem Rücken der Südstädter ausgetragen werde.
Optimistisch stimmt die Anwohner auch, dass nach langer Pause im Frühjahr ein Gerichtsverfahren von vier Hausbesitzern am Frankfurter Verwaltungsgericht fortgesetzt werden soll. Sie klagen "lebenswerte Zustände" ein.
VON ANNETTE FRIAUF
Die Leidensgeschichte der Hochheimer Südstädter beginnt mit der Entwicklung
des Neubaugebiets "Am Langen Sand". Im Grünen, nahe des Mainuferwegs,
werden 1998 die ersten Häuser verkauft. Gutachter des TÜV Hessen,
werden Anwohner später gewiss, hatten wenige Jahre zuvor gewarnt, Wohnungen
in Nachbarschaft einer Kläranlage zu bebauen. Der Bauträger Wilma
widerlegt diese Einschätzung 1996 mit einem zweiten Gutachten, das ein
Hochheimer Ingenieur ausgearbeitet hat.
Auf Empfehlung der Experten errichtet die Wilma zwischen Klärbecken und Eigenheimen einen mit Bäumen bepflanzten Geruchsschutzwall - ein gegen üble Düfte wenig wirksames Instrument, wie die Neubürger beklagen. Sie sehen sich geprellt. Im Frühjahr 2000 sammeln sie Unterschriften, gründen eine Bürgerinitiative und schließlich den Verein "Lebensqualität in der Südstadt".
Die juristischen Anstrengungen von vier Privatklägern schlagen fehl: Der Verwaltungsgerichtshof Kassel urteilt im März 2002, der Bebauungsplan sei nicht mehr angreifbar. Die Südstädter sehen weiter die Stadt in der Pflicht. Für sie bleibt die Frage offen: Warum wurde die Kläranlage, als sie 1996 für 26 Millionen Mark modernisiert wurde, nicht gleich abgedeckt?
FWG-Kandidatin Angelika Munck greift die Stimmung im Bürgermeisterwahlkampf
auf und verspricht, sich für eine so genannte Einhausung, für eine
Abdeckung der Klärbecken also, stark zu machen. Munck siegt. Das Thema
wirft Harald Schindler (SPD) im April 2002 aus dem Amt. Am Frankfurter Verwaltungsgericht
klagen vier Anwohner wegen "Unterlassung der unzumutbaren Geruchsbelastung"
gegen die Stadt. Das Verfahren ruht. Ende Februar 2004 liegt das schriftliche
Fazit eines Gutachtens für ein Beweissicherungsverfahren vor, das die Bauträgergesellschaft
Wilma im Oktober 2001 beim Landgericht Wiesbaden angestrengt hat. Daraus ergibt
sich die Frage, wer die Geruchsbelästigung beseitigen muss
Seitenanfang
Vom 12.01.2004
HOCHHEIM "Wir werden uns nicht an den Kosten beteiligen, die durch die
notwendige Nachrüstung der Kläranlage entstehen." "Wir",
das sind die Bürger, die sich im Verein "Lebensqualität in der
Südstadt" zusammengeschlossen haben und ihr zweiter Vorsitzender Hans-Peter
Maier vertritt diese glasklare Rechtsposition.
Von
Gerhard Oeser
Bekanntlich war der Bauträgergesellschaft Wilma zur Auflage gemacht worden,
die Siedlung mit 120 Reihenhäusern per "Geruchsschutzwall" gegen
den Gestank abzuschirmen. Aber der künstliche Hügel nutzte nicht.
Es stinkt nach wie vor.
Die jüngste Aussage, dass eine Hauptbelastungsquelle in den Kanälen zu suchen sei, "ist so nicht richtig", so Maier, "da es nur punktuell am Rand zur alten Südstadtbebauung zu einzelnen zusätzlichen Immissionen aus der Altkanalisation kommt." Nach seiner Auffassung können etwa 90 Prozent der Fläche des rund vier Hektar großen Neubaugebiets nicht überwiegend durch die Gerüche der Altkanäle, die außerhalb liegen, belastet sein. Im übrigen sei die neue Kanalisation innerhalb des Neubaugebiets durch so genannte Geruchsverschlüsse abgedichtet.
Wer bezahlt?Wall oder nicht Wall, das in unzweifelhaft nicht die Frage, die sich in dieser Woche stellt, wenn Lösungsmöglichkeiten präsentiert werden sollen, die ein Gutachten aufzeigt. Es geht, auf einen Nenner gebracht, darum, wer die Kosten für die Reparatur übernimmt: Die Hauskäufer oder etwa sämtliche Hochheimer?
Ihren Ursprung hat die Misere wohl darin, dass die Kommune die Industriebrache in der Südstadt versilbern wollte. Die Experten vom TÜV Hessen, im Auftrag des Magistrats, gaben ein vernichtendes Urteil ab: Drei Viertel des Geländes, auf dem früher eine Firma Stahlmatten produziert hatte, sei unbebaubar wegen der Nähe zur Kläranlage. Es sei denn, man baut eine neun (!) Meter hohe Mauer rings um den Wasserfilter. Dieses Gutachten verschwand in der Schublade, so Maier, ohne dass auch nur ein Stadtverordneter die Möglichkeit hatte, einen Blick darauf zu werfen.
Kein GeldregenAus der Traum von einem warmen Geldregen in die Stadtkasse? Vom Bauträger, der auch für die Erschließung zu sorgen hatte, wurde 1996 der Gutachter Habenicht beauftragt, der Grenzwerte über dem zulässigen Maß ermittelte. Unwissenschaftlich ausgedrückt: Es stank. Ausschalten ließe sich die Emissionsquelle nur, wenn man die gesamte Fläche der Kläranlage als eine Art Schornstein betrachtet, und diesen (theoretisch) erhöht. Bei Habenicht reichten da sieben, statt der ursprünglich vom TÜV geforderten neun Meter.
Laut Maier lässt sich heute nicht mehr genau nachvollziehen, wer die Idee mit dem Wall geboren hatte. Bei einer Höhe von neun Metern und einem entsprechenden Böschungswinkel wäre zwangsläufig das Areal für eine ganze Reihenhauszeile geopfert worden. So einigte man sich auf einen Erdwall von vier Metern plus einer Begrünung von drei Metern, macht die von Habenicht errechneten sieben Meter. Weil Äste und Blätter dem Gestank vornehmlich im Winter, nicht Paroli bieten können, ist der jetzige Wall schlichtweg um fünf Meter zu niedrig.
Es hätte ohnehin nichts genutzt. Zu diesem Schluss kam eine Experte der Universität Mainz, Dr. Joachim Eichhorn von Institut für Physik und Atmosphäre. Im Gegenteil: Der Wall trage sogar noch zur Verstärkung der Geruchsprobleme bei.
Nach dem Vortrag der Gutachterin (TH Darmstadt) aus dem Beweissicherungsverfahren zwischen Stadt Hochheim und dem Bauträger (Gerichtstermin vom 13.November 2003) ist mittlerweile für alle Beteiligten unstreitig, dass der Wall zur Verhinderung der Geruchsausbreitung ungeeignet ist. Gleichzeitig wird mit den Messergebnissen belegt, dass die Geruchsbelastungen erheblich oberhalb der gesetzlichen Grenzwerte liegen.
Stand der TechnikDer Verein zieht das Fazit: Es kann nur technische Maßnahmen
an der Austrittsstelle der Geruchsbelastungen geben, um die Ausbreitung zu verhindern.
Dies sei bei allen Kläranlagen Deutschlands Stand der Technik. Maier: "An
dem Wall ist daher nicht mehr festzuhalten, es wäre fatal, ihn als Nebenkriegsschauplatz
weiter zu thematisieren." Die Sache mit dem Wall ist nur Alibi, "obwohl
wir ihn mit dem Kauf unserer Häuser finanziert haben."
Vom 08.01.2004
Von Gerhard Oeser
HOCHHEIM Die Furcht, mit mehr als einem Bein im Gefängnis zu stehen, schwand
beim ehemaligen Baudezernenten Wilfried Simon, als Ende Juni 1998 die neue Kläranlage
offiziell eingeweiht wurde. Die Sanierung hatte 26,4 Millionen Mark gekostet
und war notwendig geworden, weil der Komplex am Mainufer nicht mehr funktionierte.
Ob sich die Investitionen tatsächlich gelohnt haben, wird spätestens
Anfang nächster Woche in Frage gestellt. Ein Gutachten hat deutlich erhöhte
Grenzwerte ermittelt. Die (finanziellen) Folgen für die Stadt sind aber
noch nicht absehbar.
Bestialisch Seit Jahren gibt es ein mehr politisch geprägtes Gezerre darum, wer für den zuweilen bestialischen Gestank im Neubaugebiet "Am langen Sand" in der Südstadt verantwortlich zu machen sei. Bekanntlich hatte die Kommune das frühere Gelände der Baustahlmatten GmbH vermarkten wollen, änderte Flächennutzungs- und Bebauungsplan, der dann rund 160 Reihenhäuser vorsah. Eine Mainzer Ingenieurgesellschaft maß die Geruchsstoffemissionen zwei Wochen lang, anschließend verwendeten die Gutachter zwei Monate die fortschrittlichste Messtechnik: ihre Nasen. Selbst nach der Korrektur durch einen festgelegten Unsicherheitsfaktor lagen die Ergebnisse deutlich unter den Grenzwerten. Und das bei Volllastbetrieb der Kläranlage, so Ex-Bürgermeister Harald Schindler. Der Bauausschuss votierte einstimmig für die vorgelegten Planungen von Frank Böhme aus Kaiserslautern. Ein Jahr später fiel der Startschuss und die Stadtverordnetenversammlung ebnete den Weg für das neue Quartier "Mainterrassen".
Verschaukelt Es dauerte nicht lange, bis der Gestank den Neubürgern die Luft zum Atmen und die Lust auf Grillpartys nahm. Die Hauseigentümer fühlten sich verschaukelt, weil durch drei unabhängige Gutachter bestätigt wurde, dass es keine Belästigung gäbe. Im Sommer des Jahres 2000 flatterte ihnen die Kopie eines Antrags ins Haus, wonach für die eigene Scholle eine Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen werden sollte: Man sollte den Gestank hinnehmen. In wessen Auftrag der Antrag gestellt wurde, ist nicht klar.
Die örtliche CDU hörte sich die Klagen an, versprach Abhilfe und fragte den Magistrat, ob der Bauträger Wilma alle Auflagen erfüllt habe, die der Bebauungsplan vorsah. Der frühere Bürgermeister Schindler, der mittels Hochglanzprospekt die "Wohnperle am Main" als eine der schönsten Wohnlagen Hochheims anpries, garantierte dafür, dass die Kläranlage ordnungsgemäß arbeite. Sollte es nach Erfüllung aller Auflagen "immer noch in nicht akzeptablem Umfang stinken", dann habe die Stadt in der Tat ein Problem. "Wir müssen darüber reden", hatte Angelika Munck für die Freie Wählergemeinschaft schon ein Plädoyer in die Richtung gegeben, das Thema nochmals im Ausschuss zu behandeln.
Deckel drauf? Diskutiert wurde auch eine teure Lösung der Geruchsproblematik: Ein Deckel für die Klärbecken würde über eine Million Mark kosten. Aber dies mit einer Erhöhung der Kanalgebühren zu bezahlen, kam für den Rathauschef nicht in Frage. Zur Beseitigung der Gerüche könnten nicht alle Hochheimer bestraft werden.
Bauträger Wilma wies jede Schuld von sich, denn er habe den geforderten "Geruchsschutzwall" errichtet, übrigens ein bundesdeutsches Unikum. Außerdem seien die Käufer über die Existenz der Kläranlage aufgeklärt worden. Im Februar 2001 wurde dem Bauausschuss klar: "Die Kläranlage stinkt, aber keiner weiß, warum", denn sie sei weder überlastet, noch habe sie anderweitige Mängel.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Egbert Opheys, selbst Bewohner der Südstadt - "bei mir hat es noch nie gestunken" - ließ vor zwei Jahren durchblicken, dass jeder Bauherr, der in 20 Metern Abstand zu einer Kläranlage baue, Geruchsbelästigungen mit einplanen müsse. Die damalige Bürgermeister-Kandidatin Munck warf dem Rathaus im Februar 2002 vor, die so genannte Einhausung nicht von Anfang an betrieben zu haben. Dann wären die Häuser etwas teurer geworden, aber man hätte eine klare Lösung gehabt. Munck, die anschließend bei der Bürgermeisterwahl ihren Vorgänger Schindler vom Verwaltungssessel kippte, sah weitere Ausgaben in vorerst unkalkulierbarer Höhe auf die Stadt zukommen, "denn in der Südstadt stinkt es derart, dass ich Handlungsbedarf sehe."
Jetzt ist es so weit: "Das Gutachten ist von uns durchgeprüft worden", so Pressesprecher Ernst-Willi Hofmann, "und wir waren überrascht von den Werten." Außerdem gibt es möglicherweise Nachklärungsbedarf und es stellen sich Fragen nach der Kostenbeteiligung, weil eines inzwischen unstrittig sein dürfte: Auch die Kanalisation trägt - neben der Kläranlage - dazu bei, dass den Südstädtern beim Grillen die Bratwurst von der Gabel springt.